Soletta, la città delle donne

Berne, 19.01.2017 - Discours prononcé par la conseillère fédérale Simonetta Sommaruga lors des Journées de Soleure. La parole prononcée fait foi.

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Liebe Filmemacherinnen
Liebe Filmliebhaber
Liebe Freunde und Freundinnen der Solothurner Filmtage,

In der Schweiz fängt das politische Jahr nicht im Bundeshaus an, sondern weit oben.

Auf 1500 Metern in Davos und auf dem kulturellen Höhepunkt in Solothurn.

Wenn ich Solothurn vorziehe, dann wegen der Kultur - klar. Auch wegen dem Glamour. Vor allem aber wegen der Exklusivität. Denn hier, an den Filmtagen, darf nur ein Bundesrat eröffnen. Nur einer.

Oder eben eine.

Deshalb bin ich in Solothurn. Ich habe Ihre Einladung auch angenommen, weil ich - trotz bundesrätlicher Agenda - immer noch eine überzeugte Kinogängerin bin.

Erst kürzlich wurde ich wieder darin bestätigt.

Ich schaute mir zuhause einen Film an, der mir als Vorabexemplar vor der Premiere geschickt wurde. Denselben Film sah ich später im Kino und mir war klar: Bild, Klang, Perspektive und Gesamtkomposition: das gibt's nur im Kino.

Le cinéma, celui qui vous emporte, celui qui enchante vos sens, ne déploie tout son art que dans une salle obscure.

Schweizer Film schafft Identität

Doch Solothurn ist nicht einfach Kino. Das Besondere - und das, was ich an Solothurn besonders schätze - ist, dass hier das Schweizer Filmschaffen im Zentrum steht. Wir reden in diesen Zeiten viel von Globalisierung und von Identität. Das Schweizer Filmschaffen ist Teil unserer Identität. Und der Schweizer Film schafft Identität.

Deshalb sind wir hier in Solothurn alle auch ein bisschen zuhause.

Auch wenn uns der Film weit weg mitnimmt, wie Seraina Rohrer uns gerade sagte.

Wir begegnen hier unserer Kultur, unserer Geschichte und unserer Gegenwart. Und manchmal kommen Kultur, Geschichte und Gegenwart zusammen. So wie heute Abend.

Wir gehen ein paar wenige Jahrzehnte zurück - die meisten von uns waren bereits geboren - und merken, wie unvorstellbar der heutige Abend damals gewesen wäre.

Die Präsidentin der Filmtage? Frau Beerli.

Die Direktorin? Frau Rohrer.

Die Regisseurin des heutigen Eröffnungsfilms? Frau Volpe.

Und im Saal? Erfolgreiche Regisseurinnen, Produzentinnen, Chefinnen.

Doch nicht genug damit. Die ganze Kultur liegt in den Händen einer Frau: dans les mains de la directrice de l'Office Fédéral de la Culture, Madame Isabelle Chassot.

Ja, heute Abend haben die Frauen die Hosen an. Frauenpower kann manchmal ungeahnte Ausmasse annehmen.

Und deshalb muss Solothurn für jeden durchschnittlichen Verwaltungsrat einer grösseren Schweizer Firma ein Alptraum sein.

Dabei ist es doch so: Würde die Schweiz wie die Filmtage in Solothurn ticken, hätte sich der Bundesrat die Quotenregelung in meinem Gesetz über das Aktienrecht sparen können.

Certains se sentiront confortés dans leurs préjugés : les femmes sont comme ça. On leur donne le petit doigt et elles prennent tout en main.

Il faut comprendre ceux qui tremblent. Imaginez les directions d'entreprises, les conseils d'administration avec des femmes un peu partout - et même des mères !

Et imaginez leurs maris : il faudrait mettre sur pied un congé paternité, illico.

Frauenmehrheit im Bundesrat

Übrigens, auch im Bundesrat hatten die Frauen ja mal die Mehrheit inne.

Dieser Ausnahmezustand dauerte allerdings gerade 14 Monate.

Dann war's wieder vorbei. Jetzt sind wir nur noch zwei.

Dass die Frauen, wenn sie dann mal an der Macht sind, auch tatsächlich für Furore sorgen, das bewies dieses eine Frauenmehrheitsjahr im Bundesrat. Ausgerechnet in jenem Jahr beschloss der Bundesrat nämlich den Ausstieg aus der Atomenergie.

Natürlich weiss man nicht - und ich werde es Ihnen auch heute Abend nicht verraten -, wer wie gestimmt hat. Aber die Gerüchte halten sich hartnäckig, dass das etwas mit den Frauen zu tun hatte.

Nicht so lange her

Meine Damen und Herren, wo wären wir heute ohne jene Menschen, die es damals gewagt haben, die göttliche Ordnung in Frage zu stellen?

Die Zeit liegt ja nicht so weit zurück. Für mich zumindest. Ich erinnere mich gut daran.

Meine Mutter durfte nicht stimmen und natürlich auch nicht gewählt werden. Sie durfte kein Haus kaufen, nicht einmal einen Kühlschrank!

Und dann, im Juli 1969, macht ein Mann den berühmten ersten Schritt - auf den Mond.

Aber die Schweizer Frau, sie durfte immer noch nicht ins Wahllokal.

Oui, Mesdames et Messieurs, le premier homme a marché sur la lune avant que la première femme suisse ait mis le pied dans un local de vote.

Erst zwei Jahre später, 1971, wurde ihr dieser Schritt erlaubt.

Aber einen Kühlschrank kaufen ging noch nicht.

Und arbeiten - ich meine auswärts - durfte eine Frau auch nur mit der Bewilligung des Ehemannes. So stand es im Gesetz. Und so blieb es - bis 1988.

Ich war 28 Jahre alt, als das neue Eherecht in Kraft trat.

Nichts ist selbstverständlich

Heute darf die Frau ihre Arbeit frei wählen. Nur verdient sie für die gleiche Arbeit durchschnittlich 9% weniger als der Mann. Das verstösst gegen die Verfassung - und zwar seit 35 Jahren - ist aber bis heute "göttliche Ordnung" geblieben.

Der Bundesrat will diese "Ordnung" durchbrechen. Und der Entscheid dazu ist ohne Frauenmehrheit im Bundesrat durchgekommen. Und das, meine Damen und Herren, ist eine der guten Nachrichten des heutigen Abends: es gibt sie, die Männer, für die Gleichstellung keine Frauensache ist.

Es gab sie auch damals, im Kampf für das Frauenstimmrecht. Auch diese Männer brauchten Mut. Auch sie wurden ausgegrenzt und ausgelacht, auch sie haben sich nicht beirren lassen. Und auch daran sollten wir uns erinnern.

Genau deshalb ist die Geschichte, die Erinnerung - und der Film, der uns diese Zeit zurückbringt - so wichtig.

Die Zeit lehrt uns, dass Selbstverständliches oft erstritten und erkämpft werden musste. Das galt damals für das Frauenstimmrecht, das gilt heute für die Lohngleichheit, das gilt ebenso für die Zukunft des Films.

Denn wenn fast die Hälfte der Studierenden in den Filmschulen Frauen sind, aber nicht einmal ein Viertel aller Subventionen an Filme von Frauen gehen, dann sind wir auch hier weit entfernt von der Selbstverständlichkeit.

Übrigens: auch bei der nächsten Abstimmung vom 12. Februar geht es um etwas, das eigentlich selbstverständlich ist: junge Menschen, deren Familien seit drei Generationen in der Schweiz leben, sollen sich erleichtert einbürgern können.

Doch glauben Sie mir: diese Abstimmung zu gewinnen, ist alles andere als selbstverständlich. Ich danke Ihnen, wenn Sie dieser Selbstverständlichkeit mit Ihrer Stimme zum Durchbruch verhelfen.

Danke

Meine Damen und Herren, der Schweizer Film macht uns vertraut mit unserer Geschichte, mit unseren Schattenseiten ebenso wie mit unserem Potenzial. Das Schweizer Filmschaffen ist auch ein Spiegel der Schweiz: denn die Schweiz war seit jeher ein Schmelztiegel der Kulturen. Auch dafür steht der Schweizer Film!

Dass Sie, sehr geehrte Filmschaffende, unser Land immer wieder aufrütteln, verwirren, erschüttern und überraschen erfüllt mich mit grösster Dankbarkeit.

Es ist mir eine Freude und eine Ehre, Ihnen die Grüsse unserer Landesregierung zu überbringen.

 


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