Interview, 26. Juli 2024: reformiert, Gretchenfrage; Anouk Holthuizen
Wie haben Sies mit der Religion, Herr Jans?
Ich glaube an das Evangelium, die Botschaft der Liebe. Sie ist verbindend und tröstend und hat mich stets durch das Leben begleitet.
Dann wurden Sie auch im christlichen Glauben sozialisiert?
Meine Eltern gaben mir die christlichen Werte mit. Wir gingen jeden Sonntag in die katholische Kirche. Wichtiger als die Botschaft der Kirche war für mich, was sie mir vorlebten: Nächstenliebe, Solidarität, die Gabe, auf andere einzugehen.
Was möchten Sie Ihren Töchtern auf den Lebensweg mitgeben?
Dass es etwas Wichtigeres gibt als die eigene Person. Sie sollen sich selbst sein dürfen, sich aber immer auch als Teil eines Ganzen sehen.
Und was erhoffen sich Ihre Töchter von Ihnen als Bundesrat?
Fragen rund um Geschlechteridentität beschäftigen sie sehr. Sie wünschen sich, dass ich mich gegen die Diskriminierung von Frauen sowie non-binären Personen einsetze. Sie hoffen, dass ich die Energiewende beschleunige. Der Klimawandel ist ein grosses Thema für sie.
Am 1. August feiern wir die Schweiz. Macht das Amt des Bundesrats Sie patriotisch?
Ich empfand es schon immer als Privileg, hier leben zu dürfen, das wurde mir vor allem während meiner Aufenthalte im Ausland bewusst. Nun lerne ich die Vielfalt der Schweiz noch besser kennen, und das ist sehr bereichernd.
Die Präambel der Bundesverfassung beginnt mit «Im Namen Gottes des Allmächtigen». Ist das noch zeitgemäss?
Eher nein. Der männliche Begriff Gott ist je länger, je schwieriger zu verstehen. Ich würde einen verbindenden Satz im Sinne des Evangeliums vorziehen. Auch «Allmacht» bereitet mir Mühe. Gäbe es sie, würde die Botschaft der Nächstenliebe nicht immer wieder mit Füssen getreten.
Letzte Änderung 26.07.2024