Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen: Bisher 2536 Gesuche um Solidaritätsbeiträge

Bern, 06.07.2017 - Beim Bundesamt für Justiz (BJ) sind bis am 4. Juli 2017 2536 Gesuche um Solidaritätsbeiträge für Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen eingegangen. Diese Zahl ist tiefer als erwartet, wie der Delegierte Luzius Mader am Donnerstag in einer ersten Bilanz festhielt. Mader hofft, dass möglichst alle Opfer ihren Anspruch auf einen Solidaritätsbeitrag geltend machen. Gemeinsam mit dem Präsidenten der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK), Regierungsrat Peter Gomm, und Guido Fluri, dem Vater der Wiedergutmachungsinitiative, ruft er die Opfer dazu auf, Gesuche einzureichen.

Das Bundesgesetz über die Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981 (AFZFG) und die Verordnung dazu sind am 1. April 2017 in Kraft getreten. Damit wurden die Rahmenbedingungen für eine umfassende gesellschaftliche und individuelle Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981 geschaffen. Vorgesehen ist auch die Ausrichtung von finanziellen Leistungen zugunsten der Opfer. Der sogenannte Solidaritätsbeitrag soll ein Zeichen der Anerkennung des erlittenen Unrechts sowie Ausdruck gesellschaftlicher Solidarität mit den Opfern sein. Jedes Opfer wird einen Betrag von maximal 25‘000 Franken erhalten. Opfer in besonders prekären finanziellen Verhältnissen haben bereits in den Jahren 2014 - 2016 Soforthilfe beanspruchen können: 1117 Opfer erhielten Beiträge zwischen 4000 und 12 000 Franken. Die Gesamtsumme belief sich auf 8,7 Millionen Franken und wurde überwiegend von den Kantonen bezahlt.

Die Aufarbeitung ist in vollem Gang

Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes am 1. April 2017 ist der Aufarbeitungsprozess in vollem Gang. Die Solidaritätsbeiträge sind ein wichtiger Teil davon. Zu erwähnen ist aber auch die wissenschaftliche Aufarbeitung, namentlich im Rahmen der unabhängigen Expertenkommission "administrativ versorgte Menschen" sowie das Nationale Forschungsprogramm 76 "Fürsorge und Zwang - Geschichte, Gegenwart, Zukunft". Zudem können etwa Selbsthilfeprojekte für Betroffene und Opfer finanziert werden.

Noch geringe Anzahl Gesuche

Seit dem 1. Dezember 2016 sind beim BJ bisher insgesamt 2536 Gesuche um Solidaritätsbeiträge eingegangen. Ausgehend von den bisherigen Schätzungen der Opferzahlen sei dies eine eher geringe Zahl, hält der Delegierte fest. Er hofft, dass alle Opfer ihr Recht auf eine finanzielle Anerkennung des erlittenen Unrechts geltend machen. Auch Regierungsrat Peter Gomm, Präsident der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und -direktoren (SODK), erinnert daran, dass die schnelle Verabschiedung des AFZFG in der Schweiz einzigartig sei und zeige, dass die Bevölkerung und die Politik wollen, dass alle Opfer das Geld, das ihnen zusteht, auch erhalten. Gemeinsam sichern Bund und Kantone den Opfern Unterstützung zu. Diese beinhaltet zurzeit vor allem die Akteneinsicht und die Einreichung von Gesuchen um Solidaritätsbeiträge.  

Erste Auszahlungen ab April 2018 vorgesehen

Gesuche von Personen, die nachweislich schwer krank, über 75 Jahre alt sind oder bereits einen Soforthilfebeitrag der Glückskette oder des Kantons Waadt erhalten haben, prüft das BJ prioritär. Die übrigen Gesuche werden in der Reihenfolge ihres Eingangs behandelt. Das BJ wird bei der Prüfung der Gesuche durch eine beratende Kommission unterstützt, der auch Opfer angehören. Oberstes Ziel ist es nun, dass die Opfer den Solidaritätsbeitrag sobald als möglich erhalten. Auszahlungen werden ab April 2018 erfolgen. Bereits vor der Auszahlung werden die Opfer über das Ergebnis der Gesuchsprüfung informiert.

Gesuche müssen bis spätestens 31. März 2018 eingereicht sein

Personen, die sich als Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981 betrachten und ihren Anspruch auf einen Solidaritätsbeitrag geltend machen, müssen ein entsprechendes Gesuch beim BJ einreichen. Die Frist für die Einreichung der Gesuche läuft am 31. März 2018 ab. Die gesuchstellenden Personen können dabei die kostenlose Unterstützung der kantonalen Anlaufstellen und der Archive beanspruchen. Die wichtigsten Informationen zum Solidaritätsbeitrag und zum Gesuchsverfahren finden sich auf der Website des BJ.


Adresse für Rückfragen

Bundesamt für Justiz, T +41 58 462 48 48, media@bj.admin.ch



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Letzte Änderung 30.01.2024

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