Strafverbüssung im Heimatstaat ohne Einverständnis der verurteilten Person - Bundesrat verabschiedet Botschaft betreffend das Zusatzprotokoll zum Überstellungsübereinkommen

Bern, 01.05.2002 - Verurteilte Personen sollen künftig unter gewissen Bedingungen auch ohne ihr Einverständnis ihre Strafe im Heimatstaat verbüssen. Der Bundesrat hat am Mittwoch die Botschaft zur Ratifikation des Zusatzprotokolls zum Überstellungsübereinkommen des Europarats verabschiedet.

Das bisher von rund 50 Staaten ratifizierte Übereinkommen des Europarats über die Überstellung verurteilter Personen ermöglicht ausländischen Strafgefangenen, ihre Strafe im Heimatland zu verbüssen. Das Überstellungsübereinkommen dient einem humanitären Zweck und will die Wiedereingliederung von Strafgefangenen in die Gesellschaft fördern. Es kann jedoch nur angewendet werden, wenn die verurteilte Person ihr Einverständnis zur Überstellung gibt.

Im Interesse einer effizienteren internationalen Zusammenarbeit ist es jedoch wünschbar, in gewissen Fällen auf die Zustimmung der verurteilten Person verzichten zu können. Das am 1. Juni 2000 in Kraft getretene Zusatzprotokoll ermöglicht deshalb eine Überstellung ohne Einverständnis unter zwei Bedingungen:

  1. Die verurteilte Person flieht aus dem Urteilsstaat in ihren Heimatstaat und entzieht sich so der Strafverbüssung.
  2. Die verurteilte Person muss nach der Strafverbüssung ohnehin den Urteilsstaat verlassen (z.B. aufgrund einer fremdenpolizeilichen Ausweisung).

Schutz der verurteilten Person

Das Zusatzprotokoll enthält Schutzbestimmungen zugunsten der verurteilten Person(z.B. Gewährung des rechtlichen Gehörs). In der Schweiz kann sie zudem - gemäss der vom Bundesrat vorgeschlagenen Revision des Rechtshilfegesetzes - gegen das Überstellungsersuchen des Bundesamtes für Justiz die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht ergreifen. Das Zusatzprotokoll bleibt dem Gedanken der Resozialisierung verpflichtet: Die Wiedereingliederung im Heimatstaat wird am ehesten erreicht, wenn die verurteilte Person die Strafe bereits im gewohnten sozialen und kulturellen Umfeld verbüsst.

Strafanstalten entlasten und "Kriminaltouristen" abschrecken

Das Zusatzprotokoll schliesst eine Lücke in der Strafvollstreckung, längerfristig dürfte es in der Schweiz auch den hohen Anteil ausländischer Strafgefangener reduzieren und die Strafanstalten entlasten. Zu erwarten ist ferner eine abschreckende Wirkung auf kriminelle Ausländer ohne gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz ("Kriminaltouristen").

Das Zusatzprotokoll ist am 1. Juni 2000 in Kraft getreten. Bisher haben es 14 Mitgliedstaaten des Europarats ratifiziert und neben der Schweiz weitere 13 Mitgliedsstaaten unterzeichnet.


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Letzte Änderung 30.01.2024

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