Gesetzesregelung für passive Sterbehilfe und indirekte aktive Sterbehilfe vorgesehen

Bern, 05.07.2000 - Der Bundesrat verabschiedet Bericht zum Postulat Ruffy

Der Bundesrat spricht sich für eine ausdrückliche gesetzliche Regelung der passiven und der indirekten aktiven Sterbehilfe aus. Dagegen möchte er die bestehende Strafbestimmung über die direkte aktive Sterbehilfe nicht ändern, betont aber zugleich die Möglichkeiten der Palliativmedizin und -pflege, die es auszuschöpfen gelte. Der Bundesrat antwortet damit auf eine 1994 eingereichte Motion Ruffy, die später in ein Postulat umgewandelt wurde.

Das geltende Recht (Art. 114 des Strafgesetzbuches) bedroht die Tötung auf Verlangen, also die direkte aktive Sterbehilfe, mit Strafe. Hingegen ist die indirekte aktive Sterbehilfe weder im Strafgesetzbuch noch in einem anderen Gesetz geregelt. Indirekte aktive Sterbehilfe liegt vor, wenn zur Linderung von Leiden Mittel eingesetzt werden, deren Nebenwirkungen die Lebensdauer herabsetzen können. Die Ärzteschaft akzeptiert diese Form der Sterbehilfe und praktiziert sie in Ausnahmefällen. Sie wird denn auch in den einschlägigen Richtlinien der Schweizerischen Akademie der medizinischen Wissenschaften behandelt. Die passive Sterbehilfe - also der Verzicht auf die Einleitung von lebenserhaltenden Massnahmen oder der Abbruch derselben - wird durch die Richtlinien der Akademie ebenfalls als zulässig beurteilt und in unserem Land praktiziert.

Der Bundesrat folgt der Arbeitsgruppe "Sterbehilfe", die empfiehlt, diese beiden Formen der Sterbehilfe (passive und indirekte aktive) in einem Gesetz zu regeln. Die Sterbehilfe betrifft nach Meinung des Bundesrates das Leben und damit das höchste Rechtsgut überhaupt. Daher sollte die Festlegung der Grenzen zwischen erlaubter und nicht erlaubter Tötung vom demokratisch legitimierten Gesetzgeber vorgenommen und nicht den medizinischen Wissenschaften überlassen werden. Eine klare gesetzliche Grundlage böte den Vorteil, Rechtsgleichheit und Rechtssicherheit zu gewährleisten.

Die direkte aktive Sterbehilfe bleibt verboten

Die Medizin hat grosse Fortschritte gemacht, und die Sterbehilfe im Allgemeinen ist zu einem gesellschaftlichen Problem geworden, das offen diskutiert wird. Es gilt darum, das Recht an die Realität anzupassen, ohne aber das grundsätzliche Verbot der direkten aktiven Sterbehilfe anzutasten. Gestützt auf vertiefte Überlegungen und angesichts der christlichen Grundlagen unserer Gesellschaft, verzichtet der Bundesrat auf jede Lockerung der geltenden Regelung.

Freilich erachtet es der Bundesrat als unumgänglich, unheilbaren, kurz vor dem Tode stehenden Patienten, die eine direkte aktive Sterbehilfe verlangen, Mittel und Möglichkeiten anzubieten, um ihre Leiden zu mindern. Er hält es daher für unbedingt nötig, dass die Möglichkeiten der Palliativmedizin und -pflege voll ausgeschöpft werden. Die neuen Methoden der Pflege sterbender Patienten sind noch zu wenig bekannt und sollten daher jedenfalls in die Ausbildung der künftigen Ärzte einbezogen werden.

Diskussion im Parlament erwünscht

Nachdem der Bundesrat vom Bericht der Arbeitsgruppe "Sterbehilfe" bereits im Januar Kenntnis genommen hatte, hat er nun am Mittwoch seinen eigenen Bericht als Antwort auf das Postulat Ruffy dem Parlament zugeleitet. In diesem Postulat wird eine Änderung der Strafbestimmungen zur Sterbehilfe verlangt, die der Situation unheilbarer, am Ende ihres Lebens stehender Kranker besser Rechnung trägt. Angesichts der Bedeutung dieser Frage wünscht der Bundesrat, dass die Diskussion über die Sterbehilfe auch im Parlament geführt wird.


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Letzte Änderung 30.01.2024

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